Kalifat von Córdoba

Kalifat von Córdoba
Kalifat von Córdoba
 
In der Zeit des Niedergangs des Omaijadenkalifats von Damaskus sandte der Gouverneur im Maghreb, Musa Ibn Nusair (640-716), seinen Schutzbefohlenen Tarik Ibn Sijad (gest. 720) an der Spitze von 7000 Soldaten aus, um die Meerenge zu überqueren, die später nach diesem General benannt wurde (»Djebel al-Tarik«, »Berg des Tarik«; Gibraltar).
 
Schon 718 beherrschte der dritte Nachfolger Musas als Emir den größten Teil Spaniens. In der Mitte des 8. Jahrhunderts war die Macht der Omaijaden in Damaskus gebrochen. Dem Massaker durch ihre Nachfolger, die Abbasiden, entrann nur ein einziges Mitglied ihrer Dynastie, der elfjährige Abd Ar Rahman, ein Enkel des zehnten Kalifen Hischam Ibn Abd Al Malik (724-43). Fünf Jahre lang wanderte er durch Palästina, Ägypten und Nordafrika, bis er 755 Iberien erreichte (die muslimische Bezeichnung, Al Andalus, klingt heute noch im Namen der größten Region in Spanien, Andalusien, nach). Hilfe erhielt er zunächst von seinen Verwandten unter den Berbern und dann von aus Syrien stammenden Gruppen in Spanien. Er eroberte den Süden mit Sevilla und marschierte auf Córdoba zu, das im Jahre 756 fiel. Mit Abd Ar Rahman I. (756-88) als Emir war Al Andalus in Frieden geeint. Jeder Versuch der Abbasiden von Bagdad, den neuen Herrn Spaniens unter ihren Gehorsam zu zwingen, schlug fehl. Sogar Karl der Große musste im Jahre 778 vor Saragossa kehrtmachen.
 
Der Omaijadenherrscher ließ nun die Städte, insbesondere seine Hauptstadt Córdoba, verschönern, die er mit einer Stadtmauer umgab und in deren Nähe er einen Garten anlegen ließ. Zwei Jahre vor seinem Tode wurde die Großmoschee von Córdoba erbaut, die in ihrer Schönheit und Bedeutung innerhalb der islamischen Welt den beiden großen Vorbildern in Mekka und Medina gleichkommen sollte. Nach der Rückeroberung Spaniens (Reconquista) 1236 wurde sie jedoch in eine Kathedrale verwandelt. Das Zusammenleben aller ethnischen Gruppen, Araber (vorwiegend Südaraber und Syrer), Berber, Juden, Spanier und andere, verlief harmonisch.
 
Das Reich stand unter Abd Ar Rahman III. (912-61), dem größten Emir dieser Dynastie, welcher im Jahre 929 erster Omaijadenkalif über Al Andalus wurde, auf dem Höhepunkt der Macht. Zu seinen Lebzeiten erlangte Córdoba das höchste Maß an Pracht in seiner Geschichte und konnte sich mit Bagdad in seiner Glanzzeit messen lassen. Der Kalif sorgte zunächst dafür, dass das auf Córdoba und seine Umgebung zusammengeschrumpfte Territorium wieder in seiner Gesamtheit unterworfen und befriedet wurde. Eine Bautätigkeit ohnegleichen begann, und die Wissenschaften standen in voller Blüte; Córdoba soll eine halbe Million Einwohner gezählt haben. Al Hakam II. (961-76) setzte das Werk seines Vaters fort, doch danach begann eine unruhige Zeit, die den Niedergang Córdobas ankündigte und die Entstehung von Teilkönigreichen in Al Andalus zur Folge hatte.
 
Unter der Dynastie der Nasriden (1231-1492) kam Granada zu großem Ansehen als Hauptstadt; der Begründer dieser Herrscherfamilie, Muhammad Ibn Nasr (1232-1272), ließ auf einem Hügel südöstlich der Stadt den in der ganzen Welt berühmten Palast Al Hamra (»die Rote«, »Alhambra«) erbauen, der so wegen der roten Farbe der Steine genannt wurde und als Symbol der letzten Blütezeit der maurischen Kultur in Spanien gilt.
 
Mit dem 11. Jahrhundert begannen die christlichen Spanier, Al Andalus zurückzuerobern. Toledo fiel 1085, Córdoba 1236, Sevilla 1248; nach der Heirat von Ferdinand von Aragonien mit Isabella von Kastilien konnte auch Granada als letzte Festung der Muslime in Spanien genommen werden (1492). Damit endete eine lange Zeit der Muslime in Europa, in der islamische Gelehrsamkeit und Weisheit viele Spanier dazu brachten, sich in Sprache und Sitten zu arabisieren. Das arabische Spanien war ein kulturell äußerst fruchtbarer Boden, auf dem sich in einzigartiger Weise Muslime, Juden und Christen begegneten. Die arabischen Bibliotheken hatten das Wissen der Antike bewahrt.
 
Nach dem Fall Granadas wurden Juden wie Muslime zwangsgetauft oder vertrieben. Viele der im Land gebliebenen Juden (geringschätzig »Marranen« genannt) oder Muslime (Morisken) verfolgten ihre Religion im Geheimen weiter und wurden von der spanischen Inquisition verfolgt.

Universal-Lexikon. 2012.

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